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Aktuelles Bischofswort - zum 8. Januar 2017

Offen für den überraschenden Gott

Von Bischof Heinz Josef Algermissen

Diese rätselhaften Gestalten haben die Phantasie der Dichter und Maler bis heute beschäftigt wie wenige biblische Personen sonst. Und obwohl wir alle es besser wissen, nennen wir sie unentwegt „Drei Könige“. Von Königen ist bei Matthäus im zweiten Kapitel seines Evangeliums keine Rede. Auch nicht von dreien und schon gar nicht von Caspar, Melchior und Balthasar; das alles kommt erst Jahrhunderte später dazu. Von Sterndeutern ist vielmehr die Rede, von Astronomen, die Sterne und ihre Veränderungen beobachten, die gemessen und berechnet haben. Zugleich waren es aber auch Astrologen, die allem, was sich am Himmel abspielte, eine Deutung für das Leben der Menschen gaben.

Was für ein Stern das war, den sie, wie sie sagten, gesehen hatten, wissen wir nicht. Die Spekulationen darüber füllen ganze Bücherregale. Jedenfalls veranlasst sie das, was sie gesehen haben, in Jerusalem zu der Frage: „Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen“ (Mt 2,2).

Sie haben sich auf einen Weg gemacht, dessen Verlauf sie nicht kennen, einem Ziel entgegen, das zwar verheißen, dessen man aber nicht sicher ist. Ihre Spur verliert sich wieder im Dunkel, aus dem sie gekommen sind. Wir können sie nur eine kurze Wegstrecke begleiten. Und dieses Wenige genügt, um sich dem Gedächtnis der Menschen tief einzuprägen. Sie, die einem Zeichen gefolgt sind, sind selber zu einem Zeichen geworden.

Machen wir uns die Situation ganz klar: Der Stern stand sichtbar am Himmel, alle konnten ihn sehen. Aber wer schaut schon nach oben? Beladen mit Sorgen, fixiert auf Zwecke, die erreicht, auf Leistungen, die erbracht werden müssen, beugt sich unser Blick leicht nach unten. Und so machen sich immer nur einige wenige auf den Weg, die anderen bleiben zu Hause. Um diese wenigen jedoch geht es: Sie folgen dem Zeichen und geben nicht auf, unterwegs nicht, als ihnen der Stern abhandenkommt, in der Stadt Jerusalem nicht, wo die Menschen doch eigentlich Bescheid wissen mussten und man ihnen nur Verständnislosigkeit, Unaufrichtigkeit und Abneigung entgegenbringt. Und vor allem: sie geben nicht auf, als der gesuchte König überraschend ein einfaches Kind ist. Kein Palast, kein Glanz. Aber das verwirrt sie nicht. Sie freuen sich, als sie das Kind finden. Und das können sie nur, weil sie ganz frei sind und nicht selbst die Bedingungen setzen, unter denen sie Gott finden wollen. Ihr Vertrauen in seine Führung ist wunderbar.

Wenn ich über die „Drei Könige“ nachdenke, fällt mir je bald auch der vierte König ein, der aus der alten russischen Legende. Auch er machte sich auf den Weg zu diesem Kind, dem Stern folgend. Aber er kommt nie an, weil ihm immer wieder etwas dazwischengerät. Menschen kreuzen seinen Weg, die weinen und leiden, hilflos sind und darauf angewiesen, dass sich einer um sie kümmert. Diesem vierten König passt das gar nicht, dass er ständig aufgehalten wird. Seine Unruhe, zu spät zu kommen, wird immer größer. Er bringt es jedoch nicht fertig, an dem Elend, das er sieht, vorüberzugehen. Mit all den Zwischenfällen ist er dreißig Jahre lang unterwegs, längst hat er den Stern verloren. Er ist ein Niemand geworden, der sich selbst nicht mehr zurechtfindet, dessen Kräfte erschöpft, dessen Sehnsucht verbraucht, dessen Herz leer ist. Am Ende kommt er aber doch an: am Karfreitag in Jerusalem, in der Stunde, als sie die Kreuze aufrichten.

Der kleine König mit den leeren Händen, der das Kind sucht und am Kreuz ankommt, hat viele Geschwister. Viele unter uns stehen auch vor Kreuzen, müde und leer, und wissen nicht mehr weiter. Und eben da können wir den finden, den wir suchen. Was Edzard Schaper 1960 über diesen vierten König schrieb, gilt uns: „Ach, dieser Arme. Er ist gelaufen und gelaufen. Und hat ihn doch nicht eher gesehen als am Kreuz. Ja, wenn wir ihn da nur vor Augen haben, dann ist alles gut. Die Lehre, die Gebote, wer kann das alles halten… Aber das Herz, das Herz des Menschen, dieser Hunger nach Seligkeit, das ist ein Geheimnis…“


Vorstehender Beitrag erscheint als „Wort des Bischofs“ in der Kirchenzeitung „Bonifatiusbote“

 

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