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Aktuelles Bischofswort - zum 15. Januar 2017

Zu Beginn eines neuen Jahres

Von Bischof Heinz Josef Algermissen

Dieses „Wort des Bischofs“ fasst Teile seines Schlusswortes beim Neujahrsempfang im Bischöflichen Priesterseminar Fulda zusammen.


Wer mit Menschen zu tun hat, hört dieser Tage Wünsche und Fragen, deren Beantwortung durch Sonntagsreden nicht zu leisten ist. Statt einer billigen Popularität hinterherzuhecheln, wird erwartet, die belastenden Probleme und unangenehmen Wahrheiten endlich zu benennen ─ wie z. B. die deutliche Krise in der Europäischen Gemeinschaft oder die Schwierigkeit der Integration all derer, die in Not ihre Heimat verlassen haben und bei uns in Deutschland um Asyl bitten. Darunter die allermeisten muslimischen Glaubens. Wie wäre es übrigens, wenn wir diese einmal nicht als Bedrohung wahrnähmen, sondern als positive Herausforderung zu einer eigenen deutlichen christlichen Glaubensvergewisserung und zur Profilierung?

Mit der Perspektive „Was nicht sein darf, wird schon nicht werden“ lassen sich indes kaum mehr Menschen vertrösten. Unsere demokratische Widerstandskraft scheint angesichts dessen zu erlahmen.
Dazu kommt, dass der Umgang miteinander deutlich aggressiver wird. Mich beunruhigt, dass zunehmend der Respekt vor der Würde des anderen Menschen von Angriffslust und verbaler Aufrüstung verdrängt wird, und dies nicht nur in den sogenannten sozialen Netzwerken.

Im ethischen Bereich herrschen weit und breit Pragmatismus und Nützlichkeitsdenken. Das menschliche Leben an seinem Anfang und Ende steht in Frage und zur Disposition. In diesen Zusammenhang gehört der Skandal der Abtreibungen, der gesellschaftlich ganz einfach überspielt und nicht wahrgenommen wird.
Die Kirche muss angesichts solcher Fiebersymptome die Fragen der Menschen offenlegen und vorstellen. Und sie tut gut daran, den stummen Fragen in den Grenzsituationen und Zusammenbrüchen der Menschen eine Sprache zu geben. Das ist mir als Priester und Bischof all die Jahre immer sehr wichtig gewesen.

Die Kirche in Deutschland, natürlich auch die fuldische, ist längst nicht mehr Volkskirche. Sie ist auch noch nicht wirklich missionarische Kirche, die der geistlichen Stützpunkte bedarf und weiß, dass es ohne Sammlung der Menschen im Geist Jesu Christi keine Sendung geben wird.

Unser Bistum hat in den letzten Jahren durch einen breit angelegten Konsultationsprozess die ersten Schritte auf dem Weg in eine absehbare Zukunft getan: Die „Grundsätze für die Ausrichtung der Pastoral im Bistum Fulda“, die von mir am 1. Advent 2014 in Kraft gesetzt wurden, werden am Pfingsttag dieses Jahres durch die „Strategischen Ziele zur Ausrichtung der Pastoral im Bistum Fulda“ auf das Jahr 2030 hin konkretisiert.
Allerdings: Ohne Fundierung im Evangelium, ohne geistliche Erneuerung bliebe alle Strukturreform ein sinnloser Überbau.

Für mich entscheidend ist, dass Kirche die Zeichen der Zeit als Zeit-Zeichen wahrnimmt und versteht.
Liebe Leserinnen und Leser!
Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil ist das Wort von den „Zeichen der Zeit“ (vgl. Konstitution ‚Über die Kirche in der Welt von heute ─ Gaudium et spes‘, 1965) im kirchlichen Sprachgebrauch.
Wenn man die Geschichte dieses Wortes gerade in der nachkonziliaren Vergangenheit betrachtet, wird deutlich, wie schwierig das ist, die Zeichen der Zeit recht zu deuten: Sagen uns die Zeichen, dass wir einen Modernisierungsschub brauchen und endlich viel Traditionelles über Bord werfen müssen? Oder deuten die Zeichen darauf hin, dass die Kirche wieder zu strengerer Zucht und Ordnung finden muss? Beides wird von Gruppen in der Kirche behauptet, und beide berufen sich gerne auf Zeichen der Zeit, die sie ausgemacht haben wollen.

Es gibt Zeichen, die scheinen mir eindeutiger zu sein als manche, die gern in innerkirchlichen Diskussionen genannt werden. Ein Zeichen der Zeit ist sicher die Armut in unserer Welt, die ungleiche Verteilung der Güter, infolgedessen Krieg und Bürgerkrieg, die so viele Menschen wie noch nie zur Flucht zwingen.
Das sind, glaube ich, deutliche Zeichen, die für Christinnen und Christen eine Aufgabe darstellen. Denn sie sind Jüngerinnen und Jünger dessen, der sich mit den Armen und Obdachlosen identifiziert hat.
Eigenartig, dass dies so wenig als „Zeichen der Zeit“ verstanden wird. Vielleicht, weil diese Zeichen nichts aussagen über das Frauenpriestertum, den Zölibat oder die Uhrzeiten für die Christmette? Wir scheinen uns lieber an diesen Themen wundzureiben, statt den Herrn in den Menschen zu suchen, mit denen er sich identifiziert hat, und in denen er gefunden werden will. Von diesen Menschen her würde sich dann vieles neu gewichten; manches, was so wichtig erscheint, wird dann relativiert. Und Menschen am Rande kämen in die Mitte.

„Der Weg der Kirche ist der Mensch“, was der hl. Papst Johannes Paul II. in seiner Fundamentalenzyklika „Redemptor hominis – Erlöser des Menschen“ zu Beginn seines Pontifikates (1979) feststellte, hat nun Papst Franziskus in seinem Apostolischen Schreiben vom 19. März 2016 „Amoris laetitia“ verdichtet. Es ist ein einziger Aufruf zur Seelsorge und erinnert die Kirche an ihr eigentliches Proprium und die Seelsorger an deren Kernkompetenz, die nicht durch die Übernahme aller möglichen und unmöglichen Arbeitsfelder geschwächt oder verwässert werden darf.
Seelsorge unter den Bedingungen der Gesellschaft und den Fragen dieser Zeit ist unsere Sache und muss noch viel mehr in den Mittelpunkt gerückt werden.
Allen Priestern, Diakonen, Pastoralreferentinnen, Gemeindereferentinnen und -referenten sowie den vielen Frauen und Männern vor Ort, die daraufhin mitarbeiten, gilt mein besonderer Dank.

Sie alle schenken mir die Hoffnung, gemeinsam und im Sinne des Evangeliums auf einem guten Weg in die Zukunft der fuldischen Kirche zu gehen und angesichts der Fragen und Probleme dieser Zeit, von denen auch unser Bistum betroffen ist, zu bestehen. Und dies, weil Jesus Christus uns versprochen hat: „Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage…“ (Mt 28,20). Er segne uns auf dem Weg, der sich vor uns auftut!


Vorstehender Beitrag erscheint als „Wort des Bischofs“ in der Kirchenzeitung „Bonifatiusbote“

 

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