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Bischofswort zum 16. April

Im Osterlicht eine Lebensperspektive

Von Bischof Heinz Josef Algermissen

Zu den ehrwürdigsten Stätten der Christenheit zählt sicher die Grabeskirche in Jerusalem. Sie steht an derselben Stelle, an der Kaiser Konstantin Anfang des 4. Jahrhunderts die erste Basilika über dem Hügel Golgotha und dem Felsengrab Jesu erbauen ließ. 

 

Das Innere der Grabeskirche ist düster. Frei unter der Kuppel der Kirche steht eine Marmorkapelle. Sie hat einen kleinen Vorraum, die sog. Kapelle der Engel. Die Tür zur eigentlichen Grabkammer ist niedrig. Wer diesen Raum betreten will, muss sich ganz tief bücken.

 

Kein Ort der Erde ist so lange Zeit ohne Unterbrechung im Bewusstsein der Menschen lebendig geblieben, an keiner Stätte sind so viele Gebete zusammengeströmt wie hier. In allen Osterberichten der Evangelien hat das leere Grab eine große Bedeutung.  

Nehmen wir einmal an, liebe Leserinnen und Leser, wir hätten damals, am ersten Ostertag, die Möglichkeit gehabt, mit Maria von Magdala, mit Petrus und Johannes ans Grab zu eilen; angenommen, wir hätten wie sie einen Blick hineintun dürfen und dabei festgestellt, dass das Grab leer ist: Wären wir dadurch zum Glauben an die Auferstehung Jesu Christi gekommen? Oder wäre es uns zumindest leichter gefallen zu glauben?


„Halt!“, könnte nun einer einwenden, „Ist die Geschichte vom leeren Grab überhaupt wahr? Könnte sie nicht eine fromme Legende sein?“

 

Viele Bibelwissenschaftler haben die Osterberichte eingehend und immer wieder untersucht. Sie kamen zu dem Ergebnis: Zwar unterscheiden sich die Berichte der vier Evangelisten in einigen unwesentlichen Aussagen, aber es lassen sich gewichtige Gründe dafür anführen, dass die Überlieferung vom leeren Grab stimmt.


Folgende Argumente werden genannt:


  1. Die Entdeckung des leeren Grabes durch Frauen kann nicht auf eine „Erfindung“ der Urkirche zurückgeführt werden, denn Frauen galten damals im jüdischen Milieu nicht als zuverlässige Zeugen. Dass Frauen als erste die Botschaft vom leeren Grab überbrachten, war sensationell. Und so berichtet der Evangelist Lukas im 24. Kapitel (Vers 11) konsequent: „Doch die Apostel hielten das alles für Geschwätz und glaubten ihnen nicht.“
  2. Selbst die Gegner der Urkirche haben nicht bestritten, dass das Grab leer war. Sie haben diese Tatsache lediglich anders gedeutet. Sie behaupteten, die Jünger hätten den Leichnam gestohlen.
  3. Maria von Magdala war der Urkirche sicher bekannt. Aussagen über sie konnten somit überprüft werden.    
    Die Exegeten stützen also mit ihrem Befund und ihren Argumenten die historische Wahrheit der im Evangelium geschilderten Ereignisse, ganz besonders die Textstellen um die Auferstehung als Grundlage des christlichen Glaubens.       


Was bedeutet aber nun die Tatsache, dass das Grab leer war? Konnten Maria von Magdala, Petrus und Johannes (vgl. Joh 20,1-18) das leere Grab als Beweis dafür ansehen, dass Jesus vom Tod auferweckt worden war?


Wohl kaum! Das leere Grab kann nicht als Beweis für die Wahrheit der Auferstehung dienen. Der Glaube an den Auferstandenen entzündet sich nicht am leeren Grab. Der Glaube entsteht vielmehr durch die erschütternde Begegnung mit dem Auferstandenen. Das ist ganz wichtig.


Zwar mochten die Jünger angesichts des leeren Grabes schon etwas geahnt haben, aber erst als Jesus Christus, der Gekreuzigte, ihnen als der Auferstandene erschien, wurde es ihnen zur alles verändernden Lebensgewissheit: ER lebt! ER ist wahrhaft auferstanden!

 

Für uns, liebe Leserinnen und Leser, werden der „weggenommene Grabstein“ (vgl. Joh 20,1) und das leere Grab zum archimedischen Punkt eines neuen Lebens, das der Auferstandene öffnet. Unser Leben ist österlich definiert.


Im Osterlicht erhält unser Leben Perspektive. Es befreit von der Daseinshektik und der Gier nach Leben, die eine versteckte Lebensangst sind. Der Mensch ohne Ostern lebt unter der gnadenlosen Devise: Was du bis zu deinem Tode nicht erreicht hast, das hast du verloren. Was du bis zur Stunde deines Sterbens nicht erjagt hast, das holst du nie mehr ein.

 

„Gott ist tot“, ruft der „tolle Mensch“ in Friedrich Nietzsches „Fröhliche Wissenschaft“. Was aber ist ohne Ostern, was, wenn Gott tot ist?


Der Schrei „Wohin ist Gott?“ findet bei Nietzsche ein Echo, das nachdenken lässt. Es lautet: „Wenn es Gott nicht gibt, ist alles erlaubt… Wohin dann der Mensch?“


Diese Frage stellt sich heute in aller Schärfe: Wohin geht der Mensch, der sich von Gott verabschiedet hat? Wo landet eine Gesellschaft, die sich immer mehr von Werten und Grundsätzen trennt, die das christlich-jüdische Welt- und Menschenbild ihr geschenkt hat?


Es geht zum Beispiel um die Tendenz, nicht nur nach den Schwächen eines Menschen zu fahnden, sondern nach den Schwachen, um sie auszusondieren. Die Auswahl zwischen „Wertvollen“ und „Unwerten“ ist weit unter der Würde des Menschen. Gott allein garantiert die Würde der Schwachen ohne jedwede Bedingung.


Ahnen Sie, liebe Leserinnen und Leser, was Nietzsches Feststellung „Wenn es Gott nicht gibt, ist alles erlaubt“ bedeutet?


Folglich: Was wäre ohne Ostern, ohne Auferstehung des Gekreuzigten, ohne dessen Sieg über die Macht des Todes? Der Apostel Paulus gibt eine ebenso präzise wie prägnante Antwort: „Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer, unser Glaube sinnlos“ (vgl. 1 Kor 15,14).


Ich will hinzufügen: Ohne Glauben an die Osterbotschaft müssten wir im Hauch der Mächte des Todes ersticken. Ohne den Gekreuzigten und Auferstandenen gliche unser Dasein einer Frage ohne Antwort, einem Weg ohne Ziel, einem Gefängnis ohne Tür, einer Sehnsucht ohne Erfüllung.


Nun aber sind wir erlöst. So wünsche ich Ihnen von Herzen diese alles verändernde Gewissheit und daraus ein frohes Osterfest.


 

 

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