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Aktuelles Bischofswort - zum Sonntag, 12. November 2017

„Seid also wachsam…“

Von Bischof Heinz Josef Algermissen

Das Evangelium dieses 32. Sonntags im Jahreskreis von den zehn Jungfrauen, das der Evangelist Matthäus (Kapitel 25, Verse 1-13) überliefert, ist eine deutliche Herausforderung für alle, die sich ansprechen lassen.
Das Schicksal der Fünf, die im Gleichnis als einfältig und gedankenlos bezeichnet werden, ärgert mich. Ich kann eigentlich nicht so viel Schlimmes in ihrem Handeln sehen: Was ist schon so Verwerfliches daran, dass sie das Öl vergessen haben? Ich habe schon so viel in meinem Leben vergessen, das wichtiger war. Und diese Fünf laufen ihrer Chance noch nach und rufen: „Herr, Herr, mach uns auf!“ (Mt 25,11). Aber dann kommt das fürchterliche Wort: „Ich kenne euch nicht“ (25,12). Diese aussichtslose Zurückweisung ist für mich zu kantig, zu hart. Ich möchte das Gleichnis eigentlich lieber anders zu Ende erzählen: Der Herr macht die Tür noch einmal auf und lässt die zu spät Kommenden herein.

Aber, das steht nicht im Text. Alle sind eingeladen. Und diese Einladung ist sehr ernst zu nehmen. Indes kann der Herr uns nicht zwingen sie anzunehmen.
Ich muss das Gleichnis in diesem Zusammenhang so verstehen, dass Jesus Christus uns davor warnen will, mit dieser Einladung, d. h. mit seiner Liebe zu kalkulieren und zu spielen. Ein solches Spiel kann allerdings unheilvoll sein, weil es von einem verharmlosenden Gottesbild ausgeht.

Das Gleichnis Jesu bringt uns auf etwas, was das Alte Testament häufig „Furcht des Herrn“ nennt. „Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang“, so formuliert der Verfasser vom Psalm 111. Von der Furcht des Herrn ist die Rede, nicht von der Angst. Angst hat man vor etwas, das man nicht kennt. Gott aber hat sich in Jesus Christus kenntlich gemacht, hat in ihm sozusagen seine Karten offen auf den Tisch gelegt. Wir können seitdem wissen, wer er für uns ist und was er für uns bereithält.

Wenn ich mir das Recht vergegenwärtige, kommt mir schon Furcht vor diesem großen Ernst seiner Liebe. Ich bekomme Furcht vor dem Augenblick, wo ich im Tod vor das Angesicht Gottes trete und auf dem Hintergrund seiner Liebe das Negativ meines Lebens erkenne. Dann wird mir klar: Er hat mich in diesem Leben so sehr geliebt, dass er mir hunderte und tausende von Möglichkeiten geschenkt hat, von denen ich aber nur sehr wenige wirklich ergriffen habe. Dieser Unterschied zwischen dem, was wir von seiner Liebe her hätten werden können, und dem, was wir tatsächlich geworden sind, muss uns alle sehr belasten, schmerzen, ein Schmerz, der in uns brennt. Unsere Tradition hat dafür nicht umsonst das Wort „Feuer“ gewählt. Dass wir in dieser Situation einmal nicht verbrennen, das werden wir allenfalls der unbegreiflichen Liebe Gottes verdanken.

Weil Jesus Christus es mit seiner Botschaft vom großen Hochzeitsfest und vom kommenden Reich Gottes für die Menschenwelt so ernst meint, deswegen erzählt er dieses Gleichnis. Er will uns zur Klugheit und Wachsamkeit führen, damit wir die Chancen unseres Lebens nicht vertun.
Was aber ist Klugheit? Vermutlich die Fähigkeit, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden, und zwar aus der Perspektive der Botschaft des Evangeliums.

Was ist wirklich wichtig in unserem Leben und was wandert nur am Rande mit? Wo hat unser Glaube seinen Platz? Ist er bestenfalls eine leise Hintergrundmusik, die das Leben ein wenig harmonischer macht? Oder ist er das bestimmende Thema? Diese ganz persönlichen Fragen wird jede und jeder von uns früher oder später auch ganz persönlich beantworten müssen.

„Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde“ (Mt 25,13), diese Mahnung ist wirklich nicht zu überhören. Wer weiß, vielleicht kommt der Herr schon bald. Deshalb sammelt heute das Öl für morgen!

Das Gleichnis von den fünf klugen und den fünf törichten jungen Frauen ist für jede und jeden von uns eine dringende Mahnung.
Ein jüdischer Rabbi hat einmal gesagt: „Bekehre dich einen Tag vor deinem Tod!“ Wann aber ist dieser letzte Tag für mich? „Heute ist der erste Tag vom Rest meines Lebens.“ Es tut gut, sich diese alte Sentenz unseres Glaubens wieder ins Bewusstsein zu bringen. Im Klartext heißt das: Ich muss meine Biographie, meine persönliche Lebensgeschichte sehr ernstnehmen. Es gibt nur dieses eine Leben mit seinen Möglichkeiten. Was ich tue oder lasse, hat Konsequenzen, muss ich vor mir selbst und vor Gott einmal verantworten. Gott gebe dann, dass wir ausreichend vorgesorgt haben für den Ernstfall.


Vorstehender Beitrag erscheint als „Wort des Bischofs“ in der Kirchenzeitung „Bonifatiusbote“

 

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