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Bistum Fulda

Christen brauchen auch heute Klugheit, Mut und Tapferkeit

Speyerer Bischof predigte beim Bonifatiusfest – Feierliche Eröffnung der traditionellen Bonifatiuswallfahrten  
 
 

Fulda (bpf). „Die Freiheit der Rede und der Tat wohnt dem echten Glauben inne, da nur so Gott als der über all unseren Interessen Erhabene und Wahre bezeugt werden kann. Dieser Mut auch zur unbequemen Wahrheit, der Mut zur Überzeugung ist eine wesentliche Kraft für den Zusammenhalt der Gesellschaft.“ Dies unterstrich der Bischof von Speyer, Dr. Karl-Heinz Wiesemann, am Sonntag in Fulda vor über 5.000 Wallfahrern anlässlich der Eröffnung der traditionellen Bonifatiuswallfahrten. Das christliche Menschenbild erinnere an die Verantwortung vor Gott und damit vor einer unbestechlichen Autorität, die Wahrheit verbürge. „Unsere Gesellschaft hat ungemein gleichmacherische Tendenzen. Wer gegen den Mainstream laufen will, braucht ziemlichen Mut. Er muss sich in der christlichen Tapferkeit üben.“ Diese Tapferkeit habe nichts mit übersteigertem Heldentum oder blinder Risikobereitschaft zu tun, sondern sei im Gegenteil vorsichtig, nicht vorschnell im Urteil und demütig und offen für andere Meinungen.

Tapferkeit höre zu und wäge ab, weil sie wisse, dass sie nicht die Wahrheit gepachtet habe, sondern sie immer neu suchen müsse. „Die Tapferkeit darf sich selbst nicht trauen“, wie der heilige Kirchenlehrer Ambrosius sagte: Das meine nicht, dass gesundes, mutiges Selbstvertrauen abzulehnen sei, sondern, dass es Gründe für das geben müsse, wofür es sich wahrhaft lohne, mutig zu sein. „Echter Mut, echte Tapferkeit und fundamentalistisches Denken, das sich nur selbst behauptet, sich aber keinem Dialog, keinen Argumenten stellt, schließen einander aus“, gab Bischof Dr. Wiesemann zu bedenken. Draufgängertum und das Vernachlässigen der Vernunft habe nichts mit der Tugend der Tapferkeit gemein. „Zur Tapferkeit gehört die Klugheit. Und die Klugheit pocht nicht auf eigene Macht, sondern nimmt ihr Maß an der Wahrheit.“

Zu Beginn seiner Predigt hatte der bischöfliche Gast aus Speyer auf die Frage des heiligen Bonifatius an Papst Zacharias erinnert, ob sich ein Christ der Verfolgung entziehen dürfe oder sich ihr wehrlos aussetzen müsse. „Bonifatius selber ist dem Martyrium nicht entgangen, sondern hat sich seinen Angreifern letztlich wehrlos gestellt, lediglich ein Glaubensbuch über seinen Kopf haltend, so wie bei seiner Bischofsweihe das Evangelium wie ein schützendes Dach über seinen Kopf gelegt wurde und er dieses Evangelium Jesu Christi bis in seinen gewaltsamen Tod hinein mit seinem ganzen Leben bezeugt hat.“ So sei er zum Apostel Deutschlands geworden. „Klugheit und Tapferkeit – das waren zwei Tugenden, mit denen der heilige Bonifatius in besonderer Weise ausgestattet war: klug im missionarischen Aufbau der jungen Kirche, in der diplomatischen Korrespondenz, die er weit verzweigt unterhielt, in der Gründung eines Netzwerkes geistlicher Zentren, Kirchen und Klöster; mutig im Fällen der heidnischen Donar-Eiche wie in der unbestechlichen Kritik an innerkirchlichen Missständen.“

Die Frage des heiligen Glaubensboten Bonifatius nach Ausweichen oder Standhalten sei auch aktuell, da „die Christen auch in unseren Tagen die am meisten verfolgte Religion sind“. Diese Frage steche in die Mitte christlicher Lebensgestaltung hinein: „Wie können wir klug und mutig zugleich in unserer Zeit lebendiges Zeugnis vom Evangelium Jesu Christi geben? Wie können wir neu Glaubwürdigkeit und Rückgrat gewinnen, um uns nicht ängstlich zurückzuziehen, sondern um missionarisch in die Welt hinein wirken zu können?“ Damit sei die Frage nach der christlichen Tapferkeit gestellt, die im innersten Kern mit der Frage nach der Klugheit und Unbestechlichkeit des Geistes verbunden sei.

„Dass diese Einsicht heute wieder ganz aktuell ist, zeigt sich darin, wie sehr wir eingelullt werden durch alle möglichen Interessen – und wie wenige Persönlichkeiten sich finden, denen man ein unabhängiges Urteil zutraut“, hob der Bischof hervor. Er zitierte den Politikwissenschaftler und Publizisten Andreas Püttmann: „Vielleicht ist die Tapferkeit in einer überzeugungsarmen Zeit, in der in Kirche und Staat vor allem Moderatoren, Konsensverwalter, ‚Gutmenschen’ gesucht werden, die sich beflissen der ‚Political Correctness’ unterwerfen und im eigenen Karriereinteresse geräuschlos funktionieren, kein Erkennungsmerkmal von Funktionseliten mehr. Doch ohne die Beherzigung dieser Tugend durch Menschen mit Rückgrat wird das Gemeinwohl Schaden nehmen.“

Klugen Mut und furchtlose Bereitschaft zu demütiger und unbestechlicher Wahrheitssuche sah Bischof Wiesemann in besonderer Weise in Papst Franziskus verwirklicht, der damit eine wichtige geistige Linie seines Vorgängers Papst Benedikt aufnehme. „Christliche Tapferkeit entspringt im Innersten der Liebe, der Liebe zu Gott und dem Nächsten, der Liebe zur Wahrheit, die uns allein Würde geben kann.“ Tapfer sei nicht der Stahlharte, Unberührbare, sondern der, der sich der ganzen Wirklichkeit und Wahrheit öffne und sich so verwundbar mache durch das Leid der Menschen, durch die Entstellung der Wahrheit und die bösartigen Demütigungen des Lebens. „Daher gehört zur Tapferkeit neben dem freimütigen Protest, dem gerechten Zorn über himmelschreiende Ungerechtigkeit und der entschlossenen Tatkraft auch das Standhalten in Geduld und die Erkenntnis, die Wirklichkeit nicht zwingen zu können.“

Mit furchtloser Gelassenheit und gleichzeitig mutiger Offenheit habe schon Jesus seine Jünger ausgesandt. Sie mussten das Martyrium nicht suchen: „Wenn man euch in einer Stadt verfolgt, so geht in eine andere.“ Sie durften in kluger Weise abwägen, wo das Wort auf guten Boden fallen könne. „Sie dürfen nur eines nicht: ihrem Herrn untreu werden, ihn verleugnen aus Angst, wenn es im Ernstfall darauf ankommt, ‚für die Wahrheit Zeugnis abzulegen’.“ Auch Papst Zacharias habe gewusst, dass der heilige Bonifatius diese Treue zu Christus und seiner Kirche nie aufgeben würde. Dieser weise Papst habe dem mutig klugen Bonifatius genau den Rat gegeben, den Jesus im Evangelium seinen Jüngern gegeben hat: „Du hast darnach gefragt, ob man sich einer Verfolgung durch die Heiden entziehen darf oder nicht. Und in dieser Frage geben wir dir, Bruder, einen heilsamen Rat. Wenn es möglich ist und du einen Platz findest, dann halte daran fest, ihnen zu predigen. Wenn du aber nicht die Kraft hast, ihre Verfolgung zu ertragen, so hast du das Gebot des Herrn (Mt 10,23), in eine andere Stadt zu gehen.“

Christentum sei keine Heldenreligion, sondern in der sympathischen Schwäche, im ehrlichen Zugeständnis an die eigene Ohnmacht und der eigenen Kraftlosigkeit könne ein größerer Mut stecken – und auch ein größeres Zeugnis für die Welt als in unberührbarer Stärke. „Vielleicht ist gerade diese Erkenntnis mitsamt dem mutigen Zulassen dieser Ohnmacht schon das Samenkorn für das neue Erblühen glaubwürdiger Überzeugung“, betonte Wiesemann und erinnerte an den mutigen Schritt, den Papst Benedikt jüngst mit seinem Rücktritt getan habe. Der heilige Bonifatius könne mit der heilsamen Weisheit Papst Zacharias’ auch in der Ohnmacht der Verkündigung unserer heutigen Tage christliche Gelassenheit, demütige Klugheit und ungebrochenen Mut zu immer neuen Aufbrüchen geben.

Den Festgottesdienst feierte Fuldas Bischof Heinz Josef Algermissen in Konzelebration mit Bischof Wiesemann, Weihbischof Johannes Kapp sowie Generalvikar Dr. Gerhard Stanke, den Domkapitularen Paul Verheijen (Dokkum, Niederlande) und Bert van der Waal (Groningen, Niederlanden) und Don Giovanbattista Quattri (Como, Italien). Musikalisch wurde die Messfeier vom Fuldaer Jugendkathedralchor mit Chorsätzen aus der Messe „Declina a malo“ von V. Rathgeber sowie Gotteslobliedern im Wechsel mit der Gemeinde, einem großen, aus mehreren Blasorchestern bestehenden Instrumentalensemble unter Leitung von Regionalkantor Ulrich Moormann sowie Domorganist Prof. Hans-Jürgen Kaiser an der Orgel mitgestaltet.

Zu Beginn des Gottesdienstes hatte Bischof Algermissen die Gläubigen und besonders die Konzelebranten und Gäste aus dem Ausland begrüßt. Dabei hob er hervor, dass die Kirche sich in der Krise nicht auf Analysen beschränken dürfe, sonder nach der rechten Therapie für den Glaubensverlust unserer Zeit suchen müsse. „Die Bonifatiusfeste sind für mich wichtige Impulse für den christlichen Glauben.“ Domdechant Prof. Dr. Werner Kathrein hatte vor Beginn des Gottesdienstes die Wallfahrer aus den Pastoralverbünden und Pfarreien des Bistums willkommen geheißen. Besonders begrüßte er eine Gruppe ehemaliger KZ-Häftlinge aus Polen sowie Pilgergruppen aus dem Bistum Groningen-Leeuwarden (Niederlande) und Como (Italien).

03.06.2013


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